der Schummlauer

Die Elstraer Geschichten

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Milchprobleme -einst und heute-

Seit Jahren wird über Milch diskutiert, Überangebot, fallende Preise, Tierschutz, Umweltprobleme bewegen manche Gemüter.
Noch vor einigen Jahrzehnten hatte man ganz andere Sorgen. Es scheint angebracht, einmal an das zu erinnern, was heute noch Lebende damals selbst mitgemacht haben.

Nach Kriegsende im Mai 1945 lag die Wirtschaft am Boden, Nahrung war knapp, die Menschen hungerten. Wenn man heute Bilder aus Flüchtlingslagern sieht, bekommt man einen Eindruck vom damaligen Leben vieler armer Kinder.
Um die schlimmste Not zu lindern, wurden u.a. Milchkarten für Kinder ausgegeben. Das Prinzip war einfach, jedes im Ort gemeldete Kind (auch registrierte Flüchtlinge) bekamen einen Bezugsschein. Ohne Schein gab es nichts, hatte man aber einen Schein, hatte man noch lange keine Milch. Das Wenige, was zum Verteilen vorhanden war, reichte nicht den ganzen Tag. So mussten die Eltern oder Verwandte täglich frühmorgens an der festgelegten Stelle mit einer leeren Milchkanne anstehen. Im Schulmuseum Elstra stehen kleine Haushalt-Milchkannen aus Blech, mit wieviel Hoffen und Bangen dürften diese täglich, voll oder leer getragen worden sein!


Milchkarte November 1945 für täglich ¼ Liter Vollmilch, abzuholen bei der Elstraer Molkerei Holdener (Stempel der Ausgabestelle Stadt Elstra)

Wenn man bedenkt, dass es zeitgleich Schuhe nur auf Bezugsschein gab, manche in den Dörfern recht abgelegen wohnten usw. kann man ermessen, welcher Aufwand für einige Schlucke Milch getrieben werden musste. Sollte uns das nicht zu denken geben, etwas bewusster mit einem Grundnahrungsmittel umzugehen? Vielleicht wäre es eine sinnvolle Aufgabe für heutige Schulkinder, bei ihren Urgroßeltern mal zu ermitteln, was man damals alles und wofür gemacht hat.

Autor: Gunter Kretzschmar